Unterdrückungen / Verfolgungen / Pogrome

 

  • Im Laufe der Jahrhunderte wurden Aleviten immer verfolgt und diskriminiert-> vor allem im Osmanischen Reich!
  • Auch andere Minderheiten wurden stetig diskriminiert, mussten höhere Steuern zahlen oder wurden sogar getötet!
  • ->Noch HEUTE: Menschen werden verfolgt oder diskriminiert nur weil sie nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören !
  • Die Unkenntnis über die Aleviten, ihre bewusste Ausgrenzung und der staatliche Assimilierungsdruck gegen sie führte dazu, dass Vorurteile erhalten blieben und bis heute existieren.
  • ->Im Osmanischen Reich versuchte man Aleviten zu töten,
  • ->In der Republik das Alevitentum !


 

Pogrom von Kahramanmaraş 19. - 26. Dezember 1978

  • Rechte und Linke Gruppen hatten täglich Konflikte, Kämpfe und Tote.
  • Seit der Beerdigung des alevitischen Dedes Sabri Özkan, der von Rechtsradikalen ermordet worden war, am 3. April 1978 stieg die Spannung in der Stadt.
  • Am Abend des 19.12.1978 lief in einem Kino der Film "Güneş Ne Zaman Doğacak" ("Wann ist Sonnenaufgang"- Nationalistischer Film).
  • Während der Vorstellung wurde eine Granate gezündet -> aufgrund der geringen Sprengkraft des Knallkörpers niemand ernsthaft verletzt.
  • Viele Faschisten sahen in Kommunisten und Aleviten die Urheber des Anschlags.
  • Am 20. Dezember wurde in einem alevitischen Café ein Bombenattentat verübt. Nach mehreren gewalttätigen Auseinandersetzungen und Unruhen wurden am 21. Dezember 1978 zwei Lehrer erschossen, die sich als "Linke Demokraten" bezeichneten.
  • Während der Beisetzung am nächsten Tag kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen erneut zwei Menschen starben. Angeheizt wurden die Kämpfe dadurch, dass die Rechten das Gerücht verbreiteten, die Linken würden die Moschee stürmen. In der Nacht des 22. Dezember 1978 erreichten die Unruhen ihren Höhepunkt.Zunächst wurden in mehreren Vierteln, in denen viele Aleviten lebten, deren Häuser mit einem roten Zeichen markiert-> Es sollte den Mördern, die Abschlachtung erleichtern.
  • Frauen, Kinder, Schwangere, Behinderte -> Es wurde niemand verschont.Es wurden Schüsse abgefeuert und in einigen Moscheen hielten Imame Reden ( „Wer einen Aleviten tötet, der vollbringt Gottes Werk und auf ihn wartet der Himmel.") gegen die Aleviten.
  • Trotz der Unruhen und Warnungen ergriff der Bürgermeister keine Sicherheitsmaßnahmen.
  • Mehr als 1000 Menschen gaben ihr Leben.

 

Pogrom von Corum 4. Juli 1980

  • Am 27. Mai 1980 wurde in Eskişehir der Politiker Gün Sazak ermordet.
  • Sein Tod führte zu landesweiten Demonstrationen der Grauen Wölfe, da Gün Sazak ein ranghohes Mitglied der nationalistischen Partei  war.
  • Auch in der Stadt Çorum wurden Flugblätter verteilt, die sich gegen linke Parteien und Aleviten richteten.
  • Am 30. Mai 1980 kam es in verschiedenen alevitischen Wohnvierteln zu Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Aleviten, dabei wurden einige schwer verletzt. Es wurde eine Barrikade errichtet und ein Ausgehverbot erlassen.
  • Am 4. Juli 1980, als Nationalisten in der Stadt ein Gerücht in die Welt setzten, dass die Aleviten die Allaadin Moschee im Stadtzentrum angegriffen und mit Tränengas attackiert hätten, wurden die ganze Nacht alevitische Wohnviertel und Dörfer angegriffen->Hunderte Menschen kamen dabei ums Leben, darunter Jugendliche und Frauen.

 

  • Brandanschlag von Sivas am 2. Juli 1993
  • Im Sommer des Jahres 1993 treffen sich viele Künstler zum einem alevitischen Kulturfestival zu Ehren des Dichters Pir Sultan Abdal
  • Am 02. Juli versammelte sich eine aufgebrachte Menschenmasse (über 20.000) nach dem Freitagsgebet vor dem Madımak-Hotel, in dem Aziz Nesin, aber auch alevitische Musiker, Schriftsteller, Dichter und Verleger aufhielten.
  • Brandsätze wurden gegen das Hotel geworfen...
  • Wegen der wütenden Menschenmenge draußen vor dem Hotel konnten die Bewohner des Hotels nicht ins Freie, bis sie schließlich vom Feuer eingeschlossen waren. ->Obwohl Polizei und Feuerwehr frühzeitig alarmiert waren, griffen sie erst nach rund acht Stunden ein.Es verbrannten 35 Menschen !
  • Die Aleviten nennen diesen Anschlag das „Sivas-Massaker", wobei aus ihrer Sicht der Brandanschlag ihnen gegolten hatte, und der Staat erneut bewies welchen Wert die Aleviten in der Türkei besitzen ->Das Ereignis spielt eine wichtige Rolle bei ihrer Bewusstseinsbildung.Sivas 1993
  • Bis vor wenigen Jahren führte man im Gebäude des ehemaligen Madımak-Hotels ein Restaurant mit Fleischgerichten.
  • WIR Aleviten fordern eine Gedenkstätte für Madimak ( Madimak müze olsun ! )
  • Am 11. November 2007 wurden die Gräber der Sivas-Opfer in Ankara beschädigt.
  • Die Gedenkmauer wurde dabei komplett zerstört.->Kurze Zeit später kam es erneut zu einer Beschädigung der Sivas-Gedenkstätte durch unbekannte Täter.->Die türkische Regierung jedoch verwendet nie den Begriff „Massaker", sondern „trauriger Vorfall". Unter anderem behaupten einige Kritiker, dass die alljährliche Gedenkfeier eher die Hassgefühle der Aleviten auffrischt, als diese abzubauen.Zahlreiche Verurteilte sind auf der Flucht, wobei sich viele in Deutschland aufhalten. -> Der türkische Staat leitet keine internationalen Haftbefehle weiter!

 

  • Unruhen von  Gazi 1995

    Die Unruhen im Istanbuler Stadtviertel Gazi entzündeten sich am 12. März 1995. Der Anschlag und das polizeiliche Vorgehen richteten sich zwei Jahre nach dem Brandanschlag von Sivas erneut gegen die alevitische Bevölkerung in der Türkei. Bei den Vorfällen wurden nach offiziellen Quellen 15 Menschen durch die Polizei getötet. Im Türkischen werden die Geschehnisse auch als „Gazi-Ereignisse" oder „Gazi-Massaker" bezeichnet.Ausgangspunkt der Ereignisse war die Nacht vom 12. März 1995. Unbekannte Täter entführten ein Taxi und ermordeten den Taxifahrer, sie lenkten das Taxi in den mehrheitlich von Aleviten bewohnten Istanbuler Stadtteil Gazi. Aus dem entführten Taxi schossen die Täter wahllos auf Besucher von Cafés. Während dieses Anschlags starb ein Mensch, weitere 25 Menschen wurden verletzt. Obwohl eine Polizeiwache nur wenige hundert Meter entfernt lag, schritt die Polizei nicht ein. Da die Situation im Viertel bereits aufgeheizt war, nachdem einige Tage zuvor Menschen vor einer Polizeiwache wegen des Todes eines Mannes in Polizeigewahrsam protestiert hatten, versammelte sich eine Volksmenge, Autos wurden umgestürzt und in Brand gesteckt, Läden wurden mit Steinen beworfen und Barrikaden errichtet. Nun schritt die Polizei ein, die Straße wurde abgeriegelt. Nachdem die Menge und die Polizisten sich einige Stunden gegenüberstanden, wobei Steine geworfen und Slogans skandiert wurden, eskalierte in den Morgenstunden des 13. März die Situation, als Demonstranten einen Panzerwagen erkletterten. Nach einem Handgemenge schoss die Polizei in die Menge und verfolgte die Demonstranten durch die Straßen. Es wurden weitere zwei Menschen erschossen und zahlreiche verwundet. Das Viertel wurde umstellt, das Militär übernahm die Kontrolle und eine Ausgangssperre wurde verhängt. Dennoch führte am 15. März die Beerdigung der Opfer zu einer erneuten Demonstration von mehreren Tausend Personen. Auch im Stadtteil Ümraniye im anatolischen Teil Istanbuls demonstrierten Aleviten, wobei die Polizei ebenfalls in die Menge schoss und vier Personen tötete.

 

  • Gerichtliche Aufarbeitung

    20 Polizisten wurden wegen des Todes von 9 Personen und Körperverletzung von 5 Personen vor Gericht gestellt. Der Prozess wurde aus Sicherheitsgründen von Istanbul nach Tabzon verlegt. Nach 5 Jahren und 31 Verhandlungstagen verkündete das Landgericht am 5. November 2001 sein Urteil. Der Polizist Adem Albayrak wurde wegen der Tötung von vier Menschen zu einer Strafe von 40 Monaten Haft verurteilt. Der Polizist Mehmet Gündoğan erhielt für die Tötung von zwei Menschen eine Strafe von 20 Monaten Haft. Die Strafen wurden nach dem Gesetz zur Konditionellen Haftentlassung zur Bewährung ausgesetzt.

    Wie beim Brandanschlag von Sivas versammeln sich jährlich am 12. März zahlreiche Aleviten vor dem Cem Evi in Gazi und demonstrieren und trauern um die Opfer der Ereignisse.